In meinem Blogbeitrag „Das Kritikgespräch: Wie sage ich es meinem Mitarbeiter“ habe ich bereits den Ablauf dieses unbeliebten Gespräches beschrieben. Sie erinnern sich: Ein Kritikgespräch sollte man möglichst nur einmal führen, sozusagen als letzte Warnung vor den disziplinarischen Konsequenzen. Ich habe also keine zweite Chance und sollte das erste Gespräch gleich erfolgreich führen. Dazu dienen die folgenden 5 Erfolgsfaktoren:
Beginnen Sie das Kritikgespräch ohne Anwärmphase
In vielen Ratgebern für Führungsgespräche lesen Sie, dass jedes Gespräch mit einer Anwärmphase beginnt, um mit small talk oder persönlichen Themen die Beziehungsebene zu stärken. Grundsätzlich bin ich damit einverstanden, aber beim Kritikgespräch rate ich davon ab, da es genau darum geht, zu vermitteln, dass die Beziehungsebene zwischen Mitarbeiter*in und Führungskraft gestört ist, wenn das Fehlverhalten andauert. Noch eine Stufe extremer ist es, wenn ich vor dem Kritikgespräch ein Lob oder eine Anerkennung platziere. (Auch das habe ich schon in vielen Ratgebern unter der sogenannten „Sandwich-Methode“ gelesen.) Aus zwei psychologischen Gründen kann ich dieses Vorgehen nicht empfehlen: 1. Lobe ich den Mitarbeiter vorab, wird es sehr schwer, ihm deutlich zu machen, dass er einen Konflikt mit mir produziert, wenn er sein Fehlverhalten beibehält. 2. Die Auswirkung auf die Anerkennung ist verheerend, wenn ich sie als „Türöffner“ vor eine Kritik setze.
Die dramatischen Folgen für die Anerkennung werde ich in meinem nächsten Blog-Beitrag thematisieren.
Sammeln Sie Ersthandinformationen
Die Basis jedes Kritikgespräches sind die Ersthandinformationen oder auch die handfesten Beweise für meine Kritik. Nur wenn mir diese vorliegen, lohnt es sich, zu einem Kritikgespräch einzuladen. Ich möchte Ihnen die Notwendigkeit verdeutlichen:
Mit Ersthandinformationen und Beweisen bin ich von vornerein auf der sicheren Seite und lasse mich nicht von unnötigen Diskussionen ablenken. Noch dazu stärkt es meine Souveränität selbst, wenn ich sicher weiß, dass ich einen objektiven Beleg für meinen Kritikpunkt habe.
Keine Rechtfertigungen im Kritikgespräch
Das gilt sowohl für Sie als Führungskraft als auch für Ihre Mitarbeiter, denn Rechtfertigungen bringen uns vom eigentlichen Gegenstand des Gespräches ab und führen uns in die Irre. Oft erlebe ich in meinen Beratungssituationen, dass Führungskräfte sich selbst schwer tun mit der Dissonanz, die das Fehlverhalten eines Mitarbeiters auf der Beziehungsebene auslöst. Sie versuchen sich manchmal hinter „äußeren Zwängen“ zu verstecken. „Ich finde es eigentlich auch nicht so schlimm, aber mein Vorgesetzter nimmt das sehr ernst.“; „Das sind halt die Vorgaben von oben, da kann ich nichts machen.“; „Die Qualitätsabteilung macht dann Stress“. Sie sehen, bei all diesen Äußerungen versteckt sich die Führungskraft hinter einer „höheren“ Autorität und puffert damit die aktuelle Beziehungsstörung zwischen dem Mitarbeiter und der Führungskraft ab, in dem sie signalisiert: „Nicht ich habe das Problem mit Dir, sondern die da oben.“ Für den Erfolg meines Kritikgespräches ist das aus zweierlei Gründen problematisch. Zum einen bekomme ich die notwendige Dissonanz und Disharmonie nicht hin, aufgrund derer der Mitarbeiter sein Verhalten verändern würde, und zum anderen öffne ich Tor und Tür für „Verbrüderungsversuche“ in die falsche Richtung. „Ach, Dein Vorgesetzter braucht es ja nicht zu erfahren.“ oder “Wenn wir den Bericht etwas anpassen, dann merkt es ja keiner.“ Vermitteln Sie also von vornherein, dass Sie für die Einhaltung der Unternehmensregeln stehen, auch dann, wenn Sie nicht immer alle nachvollziehen können. Diese klare Haltung wird es Ihren Mitarbeiter*innen einfacher machen, sich zu orientieren und ihr Fehlverhalten zu korrigieren.
Lösungsvorschlag des Mitarbeiters anerkennen
Ein wichtiger Wendepunkt im Kritikgespräch ist die Frage an den Mitarbeiter, wie er sich vorstellt, das Fehlverhalten selbst zu korrigieren. Hier ist es notwendig, die Verantwortung beim Mitarbeiter zu belassen und ihm nicht mit gut gemeinten Vorschlägen entgegenzukommen, denn einen eigenen Vorschlag werde ich viel ernsthafter verfolgen als einen Vorgegebenen. Dazu ist es wichtig, dass der Mitarbeiter merkt, dass er nun am Zug ist, um die Beziehung wieder zum Positiven zu wenden. Bei der Auswahl des Vorschlags kann ich darüber hinaus auch erkennen, ob es einem Mitarbeiter wirklich ernst ist und ob er meine ausgestreckte Hand wirklich ergreifen will oder ob er nur pro forma mitspielt, um das Gespräch möglichst konfliktfrei hinter sich zu bringen.
Einen nicht adäquaten Vorschlag muss ich auch genau als solchen benennen und den Mitarbeiter auffordern, einen weiteren Vorschlag zu bringen. Unter Umständen kann es an dieser Stelle im Gespräch auch mal still werden, weil der Mitarbeiter hofft, dass die Führungskraft das nervenaufreibende Schweigen durch ein Angebot beendet. Ich empfehle, an dieser Stelle hartnäckig zu bleiben und gegebenenfalls das Gespräch mit den Worten „Dann machen Sie sich doch bis morgen bitte nochmal Gedanken dazu“ zu beenden. Ein lösungsorientierter und ernstgemeinter Vorschlag sollte auf jeden Fall Anerkennung von Ihnen als Führungskraft erhalten. Es gilt nun die Dissonanz aufzulösen und durch das Gefühl der Erleichterung zu ersetzen. Diese Erleichterung können Sie am Ende des Gespräches auch zum Ausdruck bringen und ihre Freude darüber, nun ohne Belastung wieder zusammenarbeiten zu können.
Ein Nachfolge-Gespräch planen
Planen und kommunizieren Sie unbedingt am Ende des Kritikgesprächs ein Nachfolge-Gespräch. Im besten Fall können Sie Ihrem Mitarbeiter echte Anerkennung für das korrigierte Verhalten geben und gleichzeitig signalisieren Sie durch die Planung des Gespräches auch: „Ich behalte Dich im Blick und es ist mir wirklich wichtig, dass Du Dein Verhalten veränderst.“
Gerade weil die wenigsten Führungskräfte das Führen eines Kritikgesprächs zu ihren vergnüglichsten Aufgaben rechnen würden, ist es umso wichtiger, es mit der Beachtung dieser Punkte effektiv zu führen und das erwünschte Ziel zu erreichen.