Mit wiederkehrenden Mitarbeitergesprächen Motivation fördern
Viele Gespräche, die wir als Führungskräfte führen, sind anlassbezogen. Wir verteilen Arbeitsaufträge, wir geben Feedback zu Arbeitsergebnissen, es werden Absprachen getroffen, kritisiert oder Anerkennung ausgesprochen. Immer gibt es einen konkreten Anlass, den man zielorientiert abarbeitet.
Beim Entwicklungsorientierten Gespräch ist das anders. Man setzt sich in regelmäßigen Abständen zusammen, ganz ohne einen konkreten Anlass oder eine Notwendigkeit, und spricht über die Arbeit an sich, über die Zusammenarbeit, über Vergangenes und Zukünftiges und nicht selten kommt auch das ein oder andere Private zur Sprache.
Dieses Gespräch, was manche vielleicht unter dem Namen Mitarbeiterjahresgespräch oder Jahresgespräch kennen, wird immer mal wieder wegrationalisiert. Es nicht zu führen spart zunächst Zeit und man spürt davon keine unmittelbar negativen Auswirkungen.
Und doch fehlt etwas Wesentliches, wenn es dieses Gespräch nicht gibt.
Der Ablauf des Entwicklungsorientierten Gesprächs
Auch wenn das Entwicklungsorientierte Gespräch eher den Charakter eines informellen Gespräches hat, ist es gut, zumindest mit einem groben Leitfaden in das Gespräch zu gehen, ansonsten ist die Gefahr zu groß, abzuschweifen oder ins reine Plaudern zu verfallen.
Psychologischer Praxistipp:
Ablaufschritte für das Entwicklungsorientierte Gespräch:
1. Rückblick auf die Leistung und den Erfolg des Mitarbeiters, auf die Zusammenarbeit im Team und mit Ihnen als Führungskraft
2. Ausblick auf bevorstehende Aufgaben und Ideen bzw. Wünsche des Mitarbeiters für seine Zukunft im Unternehmen
3. Diskussion verschiedener Entwicklungsmöglichkeiten und Angebot von Fördermöglichkeiten
4. Vereinbarung eines gemeinsamen Ziels
5. Erstellung eines individuellen Entwicklungsplan mit konkreten Meilensteinen und Festlegung von Ressourcen, die für die Erreichung des Ziels notwendig sind.
Nutzen von Entwicklungsorientierten Gesprächen
Reflexion und Innehalten
Das Innehalten und Reflektieren der aktuellen Situation ist eine Grundkompetenz des Selfleaderships, welche in der immer schnelleren und unsicheren VUKA-Welt von immer größerer Bedeutung für uns und unsere Mitarbeiter wird. Ein Entwicklungsorientiertes Gespräch macht genau das. Es lässt Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern innehalten und reflektieren.
Erst wenn ich innehalte und von einer anderen Perspektive auf meine Arbeit schaue, fallen mir Dinge auf, über die ich mich immer wieder ärgere oder die anders besser klappen könnten. Ich sehe Verbindungen zwischen Tätigkeiten und erkenne Zusammenhänge und neue Lösungsmöglichkeiten. Für viele CEOs gehört das tatsächlich als fester Tagesordnungspunkt in den sonst komplett durchgetakteten Kalender. Link
Entwicklung und Förderung
Wie ich in meinen Beiträgen über Feedback und Anerkennung geschrieben habe, ist der Rückblick auf vergangene Situationen eine Quelle für Selbstwirksamkeit und Motivation. Wenn das Thema Zukunftsperspektiven dazukommt, dann erlebt der Mitarbeiter, dass er wahr- und ernstgenommen wird und seine Weiterentwicklung und Förderung im Unternehmen wichtig ist. Neue Motivationsstudien zeigen, dass dieser Aspekt gerade bei den jüngeren Arbeitnehmern an erster Stelle steht, wenn es um Motivation geht. Kritikgespräche – warum nicht kritisieren auch keine Lösung ist und Das (selbst)wirksame Anerkennungsgespräch.
Zielvereinbarung
Auch Ziele können in diesem Gespräch definiert werden. An dieser Stelle möchte ich gerne auf den Unterschied zwischen Zielvereinbarung und Zielvorgabe eingehen. Eine Zielvorgabe ist ein definiertes Ziel, welches ein Mitarbeiter qua seiner Funktion hat und erzielen sollte, um seine Aufgabe zu erfüllen. Hier hat der Mitarbeiter selbst wenig oder keine Mitgestaltungsmöglichkeit. Bei einer Zielvereinbarung geht es um das gemeinsame Finden von attraktiven Zielen für den Mitarbeiter. Das kann manchmal auch zusätzlich zu definierten Zielvorgaben vereinbart werden. Wichtig ist an dieser Stelle, eine Zielvorgabe immer auch klar als solche zu benennen und nicht zu versuchen, sie als Zielvereinbarung dem Mitarbeiter zu verkaufen. Ein intransparenter Umgang führt immer zu einem Vertrauensverlust zwischen Mitarbeiter und Führungskraft.
Bei der Zielvereinbarung sollte darauf geachtet werden, dass das Ziel positiv formuliert wird, als sogenanntes Annäherungsziel. Ein negativ formuliertes Ziel, ein sogenanntes Vermeidungsziel, führt nicht zu der gewünschten Motivationswirkung, auch dann nicht, wenn es erreicht wurde. Link
Psychologischer Praxistipp:
Verwenden Sie keine Vermeidungsziele wie zum Beispiel keine Kundenbeschwerden zu bekommen oder einen fehlerfreien Ablauf eines Projektes sicherzustellen, sondern suchen Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern Annäherungsziele – zum Beispiel eine Steigerung um 20% der Kundenzufriedenheit, die Erstellung eines Konzeptes bis zu einem bestimmten Datum.
Ziele werden idealerweise sehr konkret formuliert, damit am Ende klar definiert werden kann, ob ein Ziel erreicht wurde. Unkonkrete Ziele, wie zum Beispiel die Verbesserung der Stimmung oder die bessere Vorbereitung von Terminen lassen sich schwer überprüfen und eignen sich insofern nicht zur Zieldefinition. Für eine konkrete Zielformulierung gilt die Smart-Regel, die man zur Auffrischung hier nochmal nachlesen kann.
Wenn Sie Zielvereinbarungen definieren, dann definieren Sie auch Meilensteine, an denen Sie sich wieder zusammensetzen wollen und formulieren Sie klar Ihre Erwartung, die Sie bis dahin an den Mitarbeiter haben. Sprechen Sie mit Ihrem Mitarbeiter auch darüber, was er für die Zielerreichung an Ressourcen benötigt. Manchmal benötigt eine Aufgabe auch ein Budget oder Zugriff auf Mitarbeiterressourcen, manchmal braucht ein Mitarbeiter vielleicht noch Schulungen oder Lizenzen.
Kulturentwicklung
Nicht zuletzt können Sie in den Entwicklungsorientierten Gesprächen Themen der Teamkultur abfragen oder auch Ihre eigenen Vorstellungen und Erwartungen diesbezüglich mit einbringen.
Gerade das Entwicklungsorientierte Gespräch trägt selbst zu einer wertschätzenden und positiven Team- und Führungskultur bei, weil die Mitarbeiter bemerken, dass es Ihnen als Führungskraft wichtig ist, trotz der Hektik des Alltags, Zeit für den gemeinsamen Austausch zu haben. Dadurch fördern Sie aktiv die Kulturentwicklung in Ihrem Team. In meinen Beratungssituationen höre ich oft den Satz „Wir sind so ein kleines und gutes Team, wir brauchen keine Entwicklungsorientierten Gespräche, wir reden sowieso den ganzen Tag miteinander.“ Gerade in kleinen Teams, mit viel kollegialer Kommunikation ist es wichtig, dieses anlassfreie und doch strukturierte Gespräch über Rückblick und Zukunftsperspektiven zu führen, denn je freundschaftlicher der Kontakt zur Führungskraft ist, umso schwieriger ist es für einen Mitarbeiter, Änderungs- oder Entwicklungswünsche auszusprechen und dafür Raum und Zeit zu finden.